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Von Antje Mayer.

Mango und Minirock in Sofia

Der Exil-Bulgare Petar Petrov ist neben Wendy&Jim die große Nachwuchshoffnung unter den jungen österreichischen Fashiondesignern. Wir haben ihn über die Modeszene in seiner Heimat befragt.

Petar Petrov designt dezent schräge Herrenmode, ist vor knapp 30 Jahren in Sofia geboren, lebt seit 1999 in Wien, hat dort Mode bei den Holländern Victor & Rolf und dem Belgier Raf Simons an der Universität für Angewandte Kunst studiert. Er gilt mittlerweile als einer der ganz großen Nachwuchshoffnungen aus Österreich, kräftig finanziell unterstützt vom Wiener „Unit-F büro für mode“ und „departure“, der Wiener Kreativwirtschafts-Förderung. Mit Erfolg: Vergangenes Jahr (2005) wurde er im offiziellen Fashionkalender der Paris Fashion Week aufgenommen. Eine große Auszeichnung, ein großer Schritt vorwärts. Shops in Großbritannien, Frankreich, Japan, den USA und sogar Australien führen seine Stücke, die ungehemmt tradierte Kleidergenre von Trainings- bis zum Businessanzug miteinander vermixen und dabei eines bleiben: tragbar. Petrov ist ein Pragmatiker und vielleicht gerade aus diesen Grund so erfolgreich: „Für mich ist Modemachen keine Kunst. Man soll Kleider machen, die die Leute sich anziehen“.
Dass er aus Sofia stammt, will der Wahlwiener nicht unbedingt betont wissen. „Auch wenn das Journalisten immer wieder schreiben. Ich beziehe mich in meiner Arbeit nicht auf meine osteuropäischen Wurzeln. Ich bin für alles offen und möchte meine Arbeit nicht auf das Ost-West-Thema begrenzen lassen.“ Immerhin produziert er seiner Entwürfe in Sofia, in der Firma seiner Mutter: „Kleidung hat in meiner Familie eine große Tradition. Ich bin sozusagen von Kindesbeinen an mit Mode aufgewachsen“, erzählt der junge Designer. In Bulgarien genießt die Schneiderkunst eine große Tradition und ist ein hoch angesehenes Handwerk. Außergewöhnlich viele Volkslieder und Sprichwörter sind diesem Berufstand gewidmet, das Sternzeichen Orion wird von den Bulgaren sogar als Schneider interpretiert. „Das muss aber schon lange her sein“, lacht Petrov. „Ich habe nicht den Eindruck, dass es in Bulgarien in den vergangenen Jahren das große Erbe einer Schneiderkunst überlebt hat. Als ich vor einigen Jahren dort mein Unternehmen aufgebaute, sah ich mich anfangs mit ernsthaften Probleme konfrontiert. Es war schwer, Produktionsstätten zu finden, die meinen Qualitätsansprüchen gerecht wurden. Von einer großen Handwerkstradition, wie sie in Italien gepflegt wird, können die Bulgaren nur träumen.“
Für die Zukunft jedoch ist Petrov optimistisch: „Ich beobachte, dass es in der Textil- und Modebranche zusehend bergauf geht. Nicht zuletzt durch die großen internationalen Modemarken, die in Bulgarien günstig produzieren lassen und einen entsprechenden Qualitätslevel vorgeben.“ Deswegen wohl sind die Bulgaren auch so Westmarken-orientiert, wie Petrov beobachtet hat. „Das Label ‚Mango’ beispielsweise ist in Bulgarien momentan voll im Trend. Der Lebensstandard ist ja viel niedriger dort, und wer dieses Label trägt, zeigt Status. Aber Avantgardistisches -wie meine Mode- traut sich kaum noch jemand anzuziehen. Viel Buntes und viele Miniröcke entdeckt man auf den Straßen von Sofia und Moda de la Italia steht auffällig hoch im Kurs.“ Eine Modeszene wie in Wien gebe es in Bulgarien, so Petrov noch nicht. „Die Leute machen komische Versuche, aber alles ist noch sehr klischeehaft. „
Kann er sich vorstellen, einen Shop in Sofia zu eröffnen? „Gerade jetzt“, meint Petrov, „ist es gar nicht so uninteressant für mich. Das hat nicht unbedingt mit dem EU-Beitritt zu tun. Ich warte nur noch auf den richtigen Zeitpunkt.“